Die Rückkehr der Schwalbe – über das Vertrauen, dass manche Dinge bleiben

Manchmal braucht es nur einen stillen Augenblick. Ein warmer Wind, der über das Dach streicht. Ein Schatten, der am Himmel auftaucht, leicht und schnell. Und plötzlich ist sie wieder da – die Schwalbe.Sie war weg. Wie jedes Jahr. Weit entfernt, verschwunden in einer anderen Welt, einem anderen Licht. Und doch kehrt sie zurück. Immer. Ohne Ankündigung, ohne Dramatik, ohne großen Auftritt. Einfach so. Als hätte sie nie gefehlt. Ich habe darüber nachgedacht, was es bedeutet, dass jemand oder etwas verlässlich zurückkehrt. In einer Welt, in der so vieles flüchtig ist – Menschen, Versprechen, Gefühle –, wirkt die Wiederkehr wie ein leiser Trost. Wie eine Vergewisserung: Nicht alles geht für immer verloren. Nicht alles zerbricht.Die Schwalbe steht für genau das. Sie fliegt tausende Kilometer, sie durchquert Stürme, Wüsten, Meere. Und trotzdem findet sie zurück – an denselben Ort, an dieselbe Stelle unter dem Dach. Vielleicht sogar zu denselben Menschen. Sie verlangt nichts. Kein Applaus, keine Garantie, keine Aufmerksamkeit. Ihre Rückkehr ist ein Akt stiller Treue. Eine Erinnerung daran, dass es in jedem von uns einen inneren Kompass gibt. Etwas, das uns zurückführt – zu dem, was wir wirklich lieben. Zu dem, was uns geprägt hat. Zu dem, was Heimat geworden ist.Und manchmal, wenn ich mich frage, ob ich zu viel hoffe, ob ich zu viel verlange vom Leben, dann denke ich an sie. An die Schwalbe. Und ich spüre: Es gibt Dinge, auf die darf ich vertrauen. Auch wenn sie zwischenzeitlich fern scheinen. Auch wenn ich sie loslassen musste. Sie finden ihren Weg zurück.  Vielleicht ist das die tiefste Form von Vertrauen: nicht festzuhalten, nicht zu kontrollieren – sondern loszulassen in dem Wissen, dass manches wiederkehrt, weil es dazugehört. Wie die Schwalbe. Wie ein Blick. Wie eine Liebe, die nicht vergessen hat, wo sie zuhause ist.

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Vielleicht braucht es manchmal nur 4 kleine Pfoten

Manchmal, wenn ich im Wald verweile, sehe ich ein Eichhörnchen. Wie es leise über den Waldboden huscht, dann innehält, aufhorcht, die Welt prüft, bevor es sich mit einem Satz in die Zweige schwingt. Es braucht keinen Applaus, keinen Beifall, keine Bühne – es ist einfach da. Lebendig. Gegenwärtig. Das Eichhörnchen erinnert mich an etwas, das wir Menschen so leicht verlieren: den Kontakt zur Stille, zur Natur, zu diesem feinen Rhythmus, der alles Lebendige durchzieht. Während wir oft in Gedanken gefangen sind, im Planen, Zweifeln, Funktionieren, lebt dieses kleine Wesen im reinen Jetzt. Es fragt nicht nach dem Warum, es zweifelt nicht am Woher oder Wohin – es lebt, sammelt, ruht, springt, vertraut dem Wandel der Jahreszeiten. Alles hat seine Zeit. Und das Eichhörnchen kennt sie, diese Zeit. Es eilt nicht. Es drängt nicht. Es folgt einem inneren Kalender, der tiefer und wahrhaftiger tickt als jede digitale Uhr.

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Exzess- Wo Licht zerbricht

Ein neues Kapitel beginnt – und es brennt.Vierzehn Jahre nach Exzess – Meine zwei Leben öffnet sich ein neuer Raum. Radikaler. Zerbrechlicher. Wahrhaftiger. Noch gibt es kein offizielles Veröffentlichungsdatum, aber so viel kann ich sagen: Exzess – Wo Licht zerbricht ist fertig. Das Cover steht. Der Text steht. Ich habe in den Abgrund geschaut – und weitergeschrieben.Dieses Buch ist anders. Es ist ein Brennpunkt. Eine Verdichtung von Jahren zwischen Klinik und Kanzel, Psychiatrie und Papst, Zwischenstation und Jugendknast. Ich habe Begegnungen festgehalten, die mich verändert haben – mit Berühmten und mit Vergessenen. Mit Menschen, die Licht brachten, während es in mir zerbrach. Es ist ein Buch für Suchende. Für Menschen, die spüren, dass die einfachen Antworten nicht mehr tragen. Für alle, die bereit sind, durch Dunkelheit hindurch ein neues Licht zu erahnen.Im Sommer 2025 wird es erscheinen. Wer will, darf sich auf eine Reise gefasst machen. Eine Reise zwischen Absturz und Aufbruch, Glaube und Zweifel, Nähe und Wahnsinn.Exzess – Wo Licht zerbricht. Demnächst. Und doch schon da.

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Der Schwan – Ein Lehrmeister der Stille

Es gibt Augenblicke, in denen die Welt leiser wird. Nicht still im Sinne von leer, sondern voller Gegenwart. So ein Moment ist es, wenn ein Schwan auftaucht. Weißes Gefieder, eine Bewegung wie aus der Zeit gefallen. Kein Tier gleitet so selbstverständlich über das Wasser. Keine Eile, kein Flattern, kein Versuch, zu beeindrucken. Und genau das macht ihn so majestätisch. Der Schwan erklärt nichts – er ist einfach. Und darin liegt seine Kraft.  Ich beobachtete ihn an einem stillen Seeufer. Das Wasser lag glatt wie Glas, die Halme standen aufrecht im Wind. Er trat aus dem Schilf, neigte den Hals, als würde er den Morgen kosten. Es war, als hätte er nichts vergessen von dem, was wir Menschen oft verlieren: das Einverständnis mit dem Jetzt. Wir nennen es „zur Ruhe kommen“, als wäre es ein Ziel. Der Schwan zeigt, dass es ein Zustand ist. Kein Konzept, sondern eine Haltung. Kein Rückzug, sondern Tiefe.Sein Gleiten ist kein Vorankommen – es ist ein Lauschen. Als würde er der Welt zuhören, ohne sie zu unterbrechen. Ich dachte: Vielleicht ist der Schwan nicht schön, weil er etwas darstellt – sondern weil er nichts beweisen muss. In einer Welt, in der alles laut und schneller werden will, zeigt er: Würde ist leise. Und echte Präsenz braucht keine Bühne, sondern Raum. Raum für das, was nicht gesagt werden muss.Wer dem Schwan lange genug zusieht, lernt vielleicht mehr über sich selbst als in manchem klugen Buch.

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Die große Verblendung unserer Zeit

Wir leben in einem Zeitalter des Glanzes – aber nicht des Lichts. Überall wird geblendet, verführt, inszeniert. Menschen jagen Bildern nach, Träumen, die ihnen nicht gehören. Oft merken sie erst viel zu spät, dass sie sich verirrt haben – nicht nur im Außen, sondern auch in sich selbst. Es ist die Zeit der großen Verblendung, geprägt von falschen Versprechen, falschen Menschen und falschen Zielen. Man verkauft uns Erfolg, aber meint Macht. Man spricht von Gemeinschaft, aber sucht Reichweite. Man redet von Liebe, aber meint Besitz. Während alles glitzert, glänzt, filtert und sich in Szene setzt, wartet hinter der schönen Fassade oft nur Leere oder etwas Dunkles, das niemand zeigen will.Besonders in den sozialen Medien wird sichtbar, wie stark der Schein geworden ist und wie schwach oft das Sein. Was wirklich zählt – Mitgefühl, Aufrichtigkeit, Menschlichkeit – hat keine laute Stimme in dieser Welt. Es schimmert nur leise, schreit nicht, inszeniert sich nicht, sondern dient. Genau darum ist es so schwer geworden, diejenigen zu erkennen, die es wirklich gut mit uns meinen, die nicht nehmen, sondern geben, die zuhören, statt sich selbst zu vermarkten, die bleiben, wenn der Glanz vergangen ist.Ganz besonders macht mir das mit Blick auf die jungen Menschen Sorgen. Sie wachsen in einer Welt auf, in der der Wert eines Menschen oft an Followern gemessen wird, nicht an Haltung; an Marken, nicht an Menschlichkeit. Sie sind täglich der Versuchung ausgesetzt, sich selbst zu verlieren im Spiel um Aufmerksamkeit, um Anerkennung, um vermeintlichen Erfolg. Wir dürfen nicht zuschauen, wie sie geblendet werden von falschen Versprechungen. Denn sie werden die Erwachsenen der Gegenwart. Wenn wir ihnen nicht helfen, den Weg zu finden – zu sich selbst, zu Wahrhaftigkeit, zu echter innerer Stärke – dann werden sie nicht führen, sondern folgen; nicht leuchten, sondern flackern. Es ist unsere Aufgabe, ihnen vorzuleben, was Tiefe bedeutet, was es heißt, echt zu sein – und nicht nur sichtbar. Denn das Herz eines jungen Menschen ist kostbar. Es verdient mehr als nur Glanz. Wer die Wahrheit sucht, muss bereit sein, dem Glanz zu misstrauen – und vielleicht beginnt alles damit, dass wir selbst wieder lernen, weniger zu blenden und mehr zu leuchten.

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Wenn Freude machen verdächtig wird

Es gibt einen Gedanken, der mich in letzter Zeit häufiger beschäftigt: Warum wird es eigentlich oft als „verdächtig“ gesehen, wenn ein Mensch anderen eine Freude machen will? Ich höre dann Sätze wie: „Der will sich nur beliebt machen.“ Oder: „Das ist doch unehrlich – der macht das doch nur, um Anerkennung zu bekommen.“ Und irgendwann schwingt sogar der Vorwurf mit, man sei nicht echt, nicht bei sich selbst, vielleicht sogar schwach, wenn man sich für andere einsetzt. Aber ist das wirklich so?Ich glaube, wir verlernen gerade etwas sehr Wertvolles: den Glauben daran, dass es echte Freude am Geben gibt. Dass es Menschen gibt, die lieben, indem sie für andere da sind. Nicht, weil sie sich selbst nicht spüren – sondern gerade weil sie in sich ruhen. Weil sie etwas weitergeben wollen von dem, was in ihnen lebendig ist. Eine Geste, ein Lächeln, ein stiller Dienst im Hintergrund. Ohne großes Tamtam. Ohne Rechnung. Der französische Philosoph Emmanuel Lévinas hat einmal gesagt: „Die Verantwortung für den anderen ist größer als die Verantwortung für mich selbst.“ Ein Satz, der uns herausfordert – und zugleich berührt. Weil er eine andere Art von Stärke beschreibt: die stille, zugewandte, verantwortliche. Ja, es gibt sicher Menschen, die geben, um sich selbst zu bestätigen. Das gibt es. Aber das ist nicht das Gleiche wie echte Fürsorge. Wer aus innerer Freiheit gibt, tut es nicht aus Mangel – sondern aus einem inneren Reichtum heraus. Aus der Fähigkeit, sich selbst nicht immer in den Mittelpunkt zu stellen. Sondern auch mal zuzuhören. Da zu sein. Ohne etwas zu erwarten.Ich habe viele Menschen kennengelernt, die auf diese stille Weise Großes tun. Und ich merke: Oft sind es genau diese Menschen, die die Welt zusammenhalten – in Familien, in Teams, in Freundschaften. Ich frage mich: Was wäre, wenn wir aufhören würden, Fürsorge mit Schwäche zu verwechseln? Wenn wir nicht sofort fragen würden: „Was will der davon haben?“ Sondern einfach mal anerkennen, dass es auch ein Geben gibt, das aus Liebe kommt. Aus Güte. Aus dem Wunsch heraus, etwas heller zu machen – für andere. Vielleicht ist es gerade das, was wir heute wieder neu lernen müssen: dass es nichts Verdächtiges hat, wenn jemand anderen eine Freude machen will.Sondern etwas Menschliches.Etwas Schönes.Etwas, das wir brauchen.

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Das schwarze Schaf

Jeder von uns kennt diesen Begriff: das schwarze Schaf. Ein Ausdruck, der sich in unsere Sprache geschlichen hat, als sei es etwas Selbstverständliches, jemanden so zu nennen – den einen, der anders ist. Der aus der Reihe tanzt, der sich nicht fügt. Das schwarze Schaf – immer irgendwie das Problem. In Familien, in Freundeskreisen, in Gemeinschaften, in Vereinen. Und manchmal sind wir es selbst, die so gesehen werden – oder so fühlen. Doch was sagt dieses Bild eigentlich über uns aus?Es sagt: Nur wer sich anpasst, gehört dazu. Nur wer still ist, ist richtig. Nur wer die bekannten Wege geht, darf mitlaufen. Wer aber neue Pfade betritt, wer Fragen stellt, wer seine Richtung selbst wählt, wird schnell verdächtig. Und oft auch allein. Dabei sind es doch genau diese Menschen – die sogenannten schwarzen Schafe – die oft am meisten bewegen. Nicht, weil sie laut sind. Sondern weil sie den Mut haben, anders zu sein. Sie verlassen die eingefahrenen Trampelpfade der Gewohnheit und schlagen Wege ein, die vorher niemand kannte – nicht, weil sie besser sein wollen, sondern weil ihr Herz ihnen etwas anderes sagt. Nicht aus Überheblichkeit, sondern aus Echtheit. Sie wollen niemanden belehren – sie können nur nicht anders, als ihrem eigenen Weg zu folgen.Diese neuen Pfade, die sie betreten, sind nicht nur für sie selbst bedeutsam. Sie erweitern auch die Ortskenntnis für andere. Plötzlich wird sichtbar, dass es nicht nur diesen einen Weg gibt. Dass Vielfalt möglich ist. Dass man Entscheidungen treffen darf, die nicht der Norm entsprechen – und trotzdem richtig sein können. Vielleicht gerade deshalb. Was wäre, wenn wir anfangen würden, schwarze Schafe nicht auszugrenzen, sondern einzuladen? Nicht zu beäugen, sondern ihnen zuzuhören? Was wäre, wenn wir begreifen würden, dass sie uns Türen öffnen können, anstatt sie zuzuschlagen? Dass ihr Mut uns selbst mutiger machen könnte?Ich glaube, wir brauchen mehr Menschen, die sich trauen, anders zu sein. Die nicht alles mitmachen, nur um dazuzugehören. Die lieber aufrichtig als bequem sind. Und ich glaube, dass unsere Welt heller wird, wenn wir aufhören, Anderssein als Bedrohung zu sehen – und anfangen, es als Bereicherung zu begreifen. Denn das schwarze Schaf ist in Wahrheit kein Schattenwesen. Es ist oft einfach nur das Erste, das den Mut hatte, in eine neue Richtung aufzubrechen.Und vielleicht, wenn wir ehrlich hinsehen, war genau dieses Schaf der Anfang einer neuen Herde.Dario Pizzano

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