
Wo das Leben noch wachsen darf.
Es gibt diesen einen Ort, an dem alles still wird. Kein stilles Schweigen, sondern so ein inneres Aufatmen. Der Pfarrgarten. Kein Schmuckstück, kein gepflegter Park. Eher ein Rest von etwas Echtem. Ein Stück Zeit, das übrig geblieben ist. Vielleicht aus einer Welt, in der der Mensch noch wusste, dass er nicht über allem steht. Hier wächst das, was wachsen will. Ohne Plan. Ohne Ordnung. Gras, das über die Wege geht. Äpfel, die fallen dürfen. Und Bäume, die sich biegen, aber nicht brechen. Die Wiese ist kein Teppich, sie ist ein Zuhause – für Hummel, Distel, Kind und Katze.
Ich spüre da etwas, das ich schwer benennen kann. Vielleicht ist es Sehnsucht. Nach dieser guten alten Zeit, die wir nicht festhalten können – aber manchmal doch berühren. So wie früher, bei Michel aus Lönneberga. Als das Leben noch nach Holz roch. Nach Erde. Nach Freiheit. Und der Tag nicht in Termine zerschnitten war, sondern im Klang der Natur verging. Hier im Garten sind auch die Spuren derer, die vor uns da waren. Alte Hände haben hier gebuddelt, geschnitten, gesät. Haben losgelassen. Haben gelebt. Und irgendwie haben sie uns diesen Boden bereitet. Nicht als Erbe. Sondern als Einladung. Und vielleicht ist das alles, was zählt: Dass es noch Orte gibt, an denen nichts perfekt ist. Aber alles echt. Wo man nicht funktionieren muss. Wo das Wilde Raum bekommt. Und das Langsame wieder seinen Platz. Wo nichts erklärt werden will – und doch alles gesagt ist.
Der Pfarrgarten ist kein Fluchtort. Er ist ein Rückgrat. Eine Erinnerung daran, dass das Leben gut sein kann, wenn wir ihm seinen Lauf lassen.
Dario Pizzano
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