
Manchmal braucht es nur einen stillen Augenblick. Ein warmer Wind, der über das Dach streicht. Ein Schatten, der am Himmel auftaucht, leicht und schnell. Und plötzlich ist sie wieder da – die Schwalbe.
Sie war weg. Wie jedes Jahr. Weit entfernt, verschwunden in einer anderen Welt, einem anderen Licht. Und doch kehrt sie zurück. Immer. Ohne Ankündigung, ohne Dramatik, ohne großen Auftritt. Einfach so. Als hätte sie nie gefehlt. Ich habe darüber nachgedacht, was es bedeutet, dass jemand oder etwas verlässlich zurückkehrt. In einer Welt, in der so vieles flüchtig ist – Menschen, Versprechen, Gefühle –, wirkt die Wiederkehr wie ein leiser Trost. Wie eine Vergewisserung: Nicht alles geht für immer verloren. Nicht alles zerbricht.
Die Schwalbe steht für genau das. Sie fliegt tausende Kilometer, sie durchquert Stürme, Wüsten, Meere. Und trotzdem findet sie zurück – an denselben Ort, an dieselbe Stelle unter dem Dach. Vielleicht sogar zu denselben Menschen. Sie verlangt nichts. Kein Applaus, keine Garantie, keine Aufmerksamkeit. Ihre Rückkehr ist ein Akt stiller Treue. Eine Erinnerung daran, dass es in jedem von uns einen inneren Kompass gibt. Etwas, das uns zurückführt – zu dem, was wir wirklich lieben. Zu dem, was uns geprägt hat. Zu dem, was Heimat geworden ist.
Und manchmal, wenn ich mich frage, ob ich zu viel hoffe, ob ich zu viel verlange vom Leben, dann denke ich an sie. An die Schwalbe. Und ich spüre: Es gibt Dinge, auf die darf ich vertrauen. Auch wenn sie zwischenzeitlich fern scheinen. Auch wenn ich sie loslassen musste. Sie finden ihren Weg zurück. Vielleicht ist das die tiefste Form von Vertrauen: nicht festzuhalten, nicht zu kontrollieren – sondern loszulassen in dem Wissen, dass manches wiederkehrt, weil es dazugehört. Wie die Schwalbe. Wie ein Blick. Wie eine Liebe, die nicht vergessen hat, wo sie zuhause ist.
Dario Pizzano
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